...unserer Reise sind wir zwar noch nicht angelangt,
aber mit Goa erreichten wir erneut
unseren von der Heimat am weitesten entfernten Punkt.
Als erstes steuerten wir wieder die Klippen von Little Vagator an
und waren angenehm überrascht.
Die Saison hatte noch nicht begonnen
und dementsprechend menschenleer präsentierten sich die Strände.
Die ersten Strandbuden wurden eben erst aufgebaut
und wir genossen lange Spaziergänge über die noch grünen Hügel entlang der Küste.
Überhaupt liessen wir es sehr langsam angehen
und erholten uns von der Fahrerei der letzten Woche.
Wir saßen abends stundenlang vor unserem Brummi
und genossen die Sonnenuntergänge
oder betrachteten die Wolkenspiele, die uns der Spätmonsun bescherte.
Erst nach einigen Tagen konnten wir uns aufraffen
und wollten die weitere Umgebung erkunden.
Unser erstes Ziel sollte der Hippiemarkt in Anjuna sein.
Dazu hievten wir Dusty, unser Moped, vom Auto und machten es startklar.
Dusty war von der Idee weniger begeistert und verweigerte partout seine Dienste.
Stundenlanges Basteln und Anschieben entlockten ihm nur ein paar klägliche Huster.
Also ab damit in die Werkstatt.
Für ein paar Rupien wurde Dusty wieder zum Leben erweckt.
Mehr aber auch nicht.
Er ist sichtlich gealtert
und schaffte Kathrin und mich nicht mehr die geringsten Anhöhen hinauf.
Ein paar Tage später gab er dann kein Lebenszeichen mehr von sich.
Dusty war tot. |
Nach kurzer Trauerzeit entschlossen wir uns
Dusty durch einen neuen fahrbaren Untersatz zu ersetzen.
Die Suche gestaltete sich allerdings nicht so einfach wie gedacht.
Alle schienen sich verschworen zu haben,
die ersten neuen Touristen der Saison
über den Tisch ziehen zu wollen.
Nach einigen Tagen saßen wir in einer kleinen Kneipe,
als der Wirt zu uns trat und meinte, er habe gehört wir suchten ein Moped
und er hätte da was ganz Tolles für nur 5000 Rupien (ca.95 Euronen).
Mein Interesse war sofort geweckt
und ich folgte ihm in einen kleinen Schuppen neben dem Restaurant.
Dort stand sie dann.
Versteckt hinter Müll, Gerümpel und unter einer ansehnlichen Hülle aus Staub,
Fledermauskot und sonstigen unappetitlichen Ablagerungen.
Eine total verrostete, zerfledderte 175er Rajdoot.
Diese alten Dinger aus den Anfängen des motorisierten Zweiradbaus
hatten wir in Nordindien schon öfters bestaunt.
Dort wurden sie meist vollbeladen mit Milchkannen als Transportmittel benutzt.
Nur war dieses Gefährt in einem wesentlich erbärmlicheren Zustand.
Mein Bauch sagte sofort:"kaufen, kaufen...".
Mein Kopf:"Lass' die Finger von dem Schrott".
Unnötig zu erklären, wer den Kampf gewonnen hat.
Der Wirt wollte den Feuerstuhl bis zum nächsten Tag etwas säubern
und zum Leben erwecken.
Als wir uns am nächsten Tag wieder trafen,
war ich mir meiner Entscheidung nicht mehr so ganz sicher.
Der Wirt hatte das Ungetüm zwar mitten in sein Restaurant gestellt,
aber außer es mit Benzin zu füllen
sich nicht weiter die Finger daran schmutzig gemacht.
Meine Zuversicht schwand gerade beträchtlich,
als der Besitzer mit dem Zündschlüssel auftauchte und meinte,
er wolle mal sehen ob sie noch läuft.
Ein Tritt auf den Kickstarter und alles änderte sich.
Unter infernalischem Lärm und einer apokalyptischen RauchentwicklungDie verdutzten Gäste des Lokals konnten durch den Qualm hindurch nicht erkennen,
wie ich plötzlich dieses Glitzern in den Augen bekam
und sich Feuchtes in meinen Mundwinkeln sammelte.
Kathrin erkannte die Zeichen, gab jeden Widerstand auf
und legte das Geld auf den Tisch.
Minuten später waren wir auf der Strasse.
Smoky ,unser neues Gefährt, Kathrin und ich.
Hinter uns eine Wolke aus beißendem Zweitaktqualm,
Staub, Rost und Fledermausmist.
Herrlich !!!
Am Tag darauf sollte es gleich nach Agonda, dem Endpunkt unserer Reise gehen.
Es gestaltete sich jedoch ungleich schwieriger,
ein solides Motorrad auf die Ablage des Brummis zu buchsieren,
als ein Moped.
Nach mehreren Versuchen gaben wir auf.
Es blieb nur noch übrig, Smoky zu zerlegen
und die Einzelteile im Auto zu verstauen...
...und in Agonda wieder zusammenzubauen.
Auch Agonda trafen wir noch fast touristenleer an.
Außer den Weissens und den Rupperts,
die wir im letzten Jahr hier und in Nepal schon getroffen hatten,
waren auch noch keine anderen Overlander anwesend.
So verbrachten wir geruhsame Wochen mit unseren Haustierchen.
Da waren u. a. Poldi eine Echse, die vom Strauch neben unserem Tisch
täglich auf unser Frühstück schaute.
Oder Grunzi, die Sau, die auch jeden Morgen aus dem Dschungel getrottet kam,
um zu sehen, was vom Frühstück übrig bleibt.
Nur Nemo, der kleine Kugelfisch,
hatte sich eines Morgens zu weit aus seinem großen Aquarium
vor unserem Auto gewagt und das mit dem Leben bezahlt.
Die Tage vergingen und schließlich war Weihnachten.
Wir schmückten unseren Weihnachtsbaum,
einen Fruchtstengel einer Kokosnusspalme
und bereiteten das Abendessen.
Es gab zwar keine Gans,
aber immerhin einen ansehnlichen Thunfisch für nur wenige Rupien.
So genossen wir also in aller Ruhe die Weihnachtstage unter den Palmen
in der herrlichen Wärme Indiens und hörten mit Wonne auf unserem Weltempfänger,
dass wir zumindest wettermässig in Deutschland nichts verpasst hatten.
Ebenso ruhig ging das Jahr zu Ende und am Neujahrstag kam Hanuman,
der Affengott der Hindus persönlich zu uns ans Auto.
Den Sinn, seines Tanzes und der Musik hatten wir leider nicht verstanden,
wir sahen es aber für ein gutes Zeichen für das kommende Jahr.
Auch dieses verlief bis jetzt sehr gemütlich und ohne große Aufregung.
Wir genossen die Ruhe und die wenigen Abwechslungen.
So konnten wir eines Morgens zusehen, wie einige Fischer
am Strand nach der Methode fischten,
wie sie ursprünglich in Kerala angewendet wurde.
Dazu wird mit einem Boot ein mehrere hundert Meter langes Netz
im Halbkreis vom Strand her ins Meer ausgebracht.
Danach wird es an den Enden hereingezogen,
bis schließlich die Mitte des Netzes mit den Fischen an Land gezogen wird.
Ein weiteres Highlight war der Nationalfeiertag,
an dem die Inder unseren beschaulichen Strand überschwemmten,
um Ihre Unabhängigkeit zu feiern.
Nachdem sie vor einer winzigen indischen Fahne Ansprachen hielten,
soffen sie sich die Birne voll, bis hunderte von ihnen über den Strand kugelten.
Ein herrliches Bild.
Dann trafen noch Gunther und Christine ein.
Ein Pärchen, die mit ihrem alten Mercedes Jeep seit 16 Jahren auf Reise sind
und dabei fast alle Länder der Erde bereist haben.
Ihre Liste sollte nächstes Jahr vollständig sein,
womit sie dann ins Guinness Buch der Rekorde gelangen werden.
Ihrem Fahrzeug ist auch schon ein Platz im neuen Mercedesmuseum sicher.
Davon kann man nur träumen.
Wir hingegen treten die nächsten Tage unsere Heimreise nach Europa an,
von wo wir uns wieder melden und träumen von unserem neuen Projekt,
dass wir in Goa erfolgreich gestartet haben:
Martin & Kathrin