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Mittwoch, 4. Januar 2006


Am nächsten Vormittag machten wir uns von unserem Lagerplatz,
der sich inzwischen mit vielen Pilgergruppen gefüllt hatte, auf zum Kloster.

Obwohl noch ca. eine Stunde Zeit war,
fanden sich bereits wesentlich mehr Menschen ein als am Vortag.

Jetzt trugen die Frauen auch ihre typischen Trachten,
mit dem reich verzierten Kopfschmuck.



Diese sind mit reichlich Türkisen und silbernen Amuletten besetzt
und sahen nicht besonders leicht aus.

Die seltsamen Ohrklappen aus Fell entstanden vor langer Zeit.

Einst hatte eine Königin in Zanskar schreckliche Ohrenschmerzen
und ließ sich eben diese Fellklappen an ihren Kopfschmuck nähen,
um ihre Ohren zu wärmen.

Dies blieb von den Frauen des gemeinen Volkes natürlich nicht lange unentdeckt,
die dies für den neusten Modegag hielten.

Da sich das Ganze auch noch als praktisch herausstellte,
wurden die Ohrenklappen bis heute beibehalten.

Während die Schaulustigen auf den Beginn der Zeremonie warteten,
waren die Vorbereitungen jedoch immer noch in vollem Gange
und es machte nicht den Anschein,
als ob man bald die Tänzer zu Gesicht bekommen würde.

So wurden am Rande des Zeremonienplatzes
noch immer an den kleinen Zampamännchen geformt,
die später geopfert werden sollten.



Da die guten Plätze um den Platz herum langsam rar wurden,
beschlossen wir uns einen guten zu sichern.

Es dauerte auch nicht lange
bis endlich die großen Trompeten auf dem Dach des Klosters geblasen wurden
und so signalisierten, dass das Spektakel kurz bevorstände.

Binnen Minuten waren wir umringt von Zanskaris,
die keinerlei Scheu vor Körperkontakt zeigten.

Im Gegenteil.

Man setzte sich auf unsere Füße,
schob uns bei Seite
und eine alte Dame benutzte Kathrins Schulter als Schlafgelegenheit.

Langsam schien der Klosterhof keine Menschen mehr aufnehmen zu können,
aber trotzdem strömten immer noch Alt und Jung herein.



Dann ging's endlich los.

Es wurden dieselben Tänze aufgeführt wie am Vortag.

Nur waren die Mönche jetzt mit herrlichen Gewändern
und teilweise furchterregenden Masken geschmückt.

Für jeden Tanz wurden diese Kleider und Masken gewechselt.

Den Sinn der Tänze konnte uns niemand genau erklären,
was uns jedoch egal war,
da uns alleine der Anblick der verkleideten Tänzer
im Ambiente des jahrhunderte alten Klosters faszinierte.







Nach fast drei Stunden verließen wir jedoch vorzeitig die Zeremonie,
da das lange Sitzen auf dem Betonboden
sich schmerzhaft in unseren Hinterteilen bemerkbar machte.

Den Rest des Tages verbrachten wir zusammen mit neugierigen Mönchen,
Kathy und Jochen zusammen bei den Autos.

Mit ihnen verabredeten wir uns für den nächsten Tag
bei einem anderen Kloster ca. 30 km entfernt,
das als eines der ältesten in Zanskar gilt.

Karsha lag anders als Sani, welches sich in einer Ebene befand,
an eine Bergflanke gedrängt.

Wir versuchten durch das darunter liegende Dorf zum Kloster zu gelangen,
gaben dieses Vorhaben jedoch bald auf.
Unser Auto erwies sich wieder einmal zu groß für die kleinen Gassen,
die immer enger wurden.

Auch bedeuteten uns die Bewohner,
dass der Weg hinauf nach Karsha mit dem Brummi nicht möglich wäre.

Also begnügten wir uns mit einem Lagerplatz direkt am Fluss,
unterhalb des Dorfes.

Kaum dort angelangt, stießen auch schon Kathy und Jochen zu uns.

Sie wollten es aber ebenfalls versuchen,
ob sie nicht direkt zum Kloster kämen,
da ihr Auto ja etwas kleiner war als unseres.

Und tatsächlich, nach ca. einer halben Stunde
konnten wir sie von unten die Zufahrtsstrasse zum Kloster erklimmen sehen.

Das hat jetzt unseren Ehrgeiz geweckt,
da auch noch ein Kieslaster von der anderen Seite denselben Weg nahm.

Irgendwann muss der ja auch mal durch das Dorf gekommen sein,
wenn er nicht im Kloster gebaut wurde.

Also brachen wir erneut auf und wollten mal sehen wie weit wir es schaffen würden.

Tatsächlich haben wir es,
nach mehrmaligem Rangieren und dem Ausweichen tief hängender Balkone,
geschafft unseren Brummi hinter Kathy und Jochens Auto,
direkt am Klostereingang zu parken.

Dieser Standplatz war ungleich schöner.

Man konnte nicht nur von hier das ganze Tal und die umliegenden Berge bewundern,
es herrschte auch eine unglaubliche Stille
und eine eindrucksvolle spirituelle Stimmung,
wozu der gerade aufgehende Mond seinen Teil beitrug.



Sehr früh am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg,
das Kloster, das wie ausgestorben wirkte, zu erkunden.

Ein einsamer Mönch, den wir trafen, erklärte uns, dass das Kloster so leer wäre,
da die meisten seiner Brüder bei einer Puja in einem anderen Kloster wären,
wir uns aber selbstverständlich überall frei bewegen und alles anschauen dürften.

So gingen wir bei den ersten hellen Sonnenstrahlen vorbei an Wohnhäusern



zu der oberen, jüngeren Pujahalle,
die jedoch auch schon mehrere hundert Jahre alt ist.



Ein freundlicher Mönch geleitete uns ins Innere
und erlaubte uns alles anzusehen und zu fotografieren, wie es uns beliebt.

Auch hier fanden sich im Inneren wieder die mehrere Meter hohen und langen,
herrlich verzierten Regale, die mit alten Schriften gefüllt waren.



Im Vergleich zu den Hallen, die wir bis dort hin gesehen hatten,
fiel das Licht jedoch nicht nur durch eine Oberlichte herein,
sondern auch durch einige kleine Fenster,
deren Wände wie alle anderen Wände der Halle,
mit den eindrucksvollsten, religiösen Fresken verziert waren.



Bei unserem weiteren Erkundungsgang stießen wir auf eine große,
halb geöffnete Holztüre, vor der ein Mönch Wache zu halten schien.

Als wir ihn durch Gesten versuchten zu fragen, was denn dahinter sei,
deutete er uns, ihm zu folgen, was wir natürlich neugierig taten.

Wieder standen wir in einer, nun etwas kleineren Halle,
die jedoch nicht weniger prunkvoll ausgestattet war.

Soviel wir herausbekamen, war diese Halle für besondere,
vermutlich tantrische Rituale bestimmt.



Nachdem wir uns noch einige Zeit herumgetrieben haben,
hatten wir das Dach des Klosters erreicht,
wo wir wieder auf Kathy und Jochen stießen,
die uns in der noch reichlich kalten Luft
mit leckerem, heißen Tee aus der Thermoskanne verwöhnten.

Hier saßen wir dann noch einige Zeit
und genossen die herrliche Aussicht auf die ewig schneebedeckten Berge,
die in der kalten Luft der frühen Morgenstunden besonders gut war.



Kurz darauf trennten wir uns von Kathy und Jochen,
die noch weiter nach Osten fahren wollten zum Trecken.

Wir jedoch mussten die Rückreise, zurück nach Kargil
und weiter nach Srinagar, Delhi und Nepal, antreten,
da unser Indienvisum langsam auslief.
Aber bis dort waren es ja noch viele hundert Kilometer.

Zurück ging es also wieder entlang an den vielen Manimauern



mit den vielen, teilweise reich gravierten Manisteinen.



Auf dem Rückweg zeigten sich nun auch die Gletscher,
die wir bei der Anreise so bewundert hatten, im herrlichsten Sonnenlicht.

Leider konnte man aber beim zweiten Mal hinsehen erkennen,
dass diese, wie fast überall auf der Welt, am abschmelzen sind.

Deutlich sind die End- und Seitenmoränen zu erkennen,
die vor nicht all zu langer Zeit vom Gletscher aufgeschoben
oder aufgeschüttet wurden.





Auf halben Weg zwischen Karsha und Kargil wollten wir noch Rangdum,
das letzte buddhistische Kloster auf unserem Weiterweg besuchen,
das wir aus Zeitmangel bei der Anreise nach Sani links liegengelassen haben.

Da es bereits wieder später Nachmittag war,
hielten wir in einiger Entfernung, um unbemerkt zu bleiben
und wollten uns erst am nächsten Morgen Rangdum von der Nähe betrachten.



Es dauerte allerdings nur ca. eine Stunde,
bis wir von mehreren jungen Mönchen in Beschlag genommen wurden,
die den Weg auf Eseln zu uns gefunden haben.

Wir unterhielten uns wieder einmal prächtig mit Händen und Füssen
und mussten ihnen versprechen, am frühen Morgen an der Puja teilzunehmen.

Das taten wir dann zum Glück auch.

Denn im Unterschied zu Tikse, war das Kloster viel ärmlicher, familiärer
und wir die einzigen Gäste.



So durften wir von Anfang an auf den Bänken der Mönche an der Puja teilnehmen
und mussten nicht wie in Tikse mit den anderen Touristen
in zweiter Reihe auf dem Boden sitzen.



Uns wurde auch hier sofort reichlich Buttertee
(nun erstmals mit doch deutlich ranziger Butter) serviert,
doch zeigte man hier viel mehr Interesse auch an uns.

So freute man sich nach der Puja, uns die Halle genau zu zeigen
und all unsere Fragen genau zu beantworten.





Dann ging's weiter und nach einem weiteren halben Tag war Kargil,
das wir noch sehr ungut in Erinnerung hatten, erreicht.
So blieben wir auch nur kurz, um unseren inzwischen leeren Tank wieder zu füllen
und weiter Richtung Srinagar zu fahren.

Wieder einmal hat uns jedoch dabei die Dunkelheit überrascht
und wir fanden nur eine kleine Parkbucht am Rande der Strasse.



Kaum den Motor abgestellt, waren wir auch schon von Militärs umstellt
und wurden gefragt, was wir denn hier zu suchen hätten.

Wir erklärten, dass wir den ganzen Tag gefahren und sehr müde sind
und das Fahren nachts zu gefährlich wäre.

Man hatte nichts dagegen, dass wir die Nacht hier verbringen würden
und versicherte uns, dass man uns die Nacht über bewachen würde.

Als wir meinten, das wäre nicht nötig, wurden wir eines Besseren belehrt,
da der Berg jenseits des Flusses, an dem wir standen, bereits den Pakistanis gehörte
und sie alles beobachten würden, was hier geschieht.

Tatsächlich zeigte ein Blick auf die Karte,
dass wir uns ausgerechnet den Platz zum Übernachten ausgesucht hatten,
der am nähesten an der Grenze gelegen war.



Die Nacht verlief jedoch absolut ruhig,
so dass wir am nächsten Morgen gut ausgeschlafen weiterfahren konnten
Richtung Dras, dem kältesten Ort Indiens.

Kurz danach waren wir am frühen Nachmittag am Checkpoint
vor dem Zojipass angelangt.

Leider zu spät.

Denn in unsere Richtung war der einspurige Pass
nur bis 12.00 Uhr mittags zu befahren.

So hieß es hier zu übernachten und früh morgens wieder weiter zu fahren.

Von den netten Soldaten wurden wir schließlich noch mit Feuerholz versorgt,
damit wir einheizen konnten,
da auch hier nachts die Temperaturen im einstelligen Bereich lagen.

Außerdem hatte man uns erlaubt, auf dem Gelände hinter der Schranke zu parken.
Da wir so schon um 4.00 Uhr morgens losfahren könnten
und somit vor allen LKWs auf dem Pass wären,
die erst um 5.00 Uhr durch die Schranke kämen.

Es lief alles nach Plan.

Wir konnten uns tatsächlich um 3.30 Uhr aus den Betten quälen und fuhren los.

Aber nur bis wir kurz hinter der Schranke wieder auf die Strasse kamen.

Wieder einmal war die Strasse zu schmal, als dass ich wenden konnte.

Also beschloss ich nur wenige cm mit den rechten Reifen darüber hinaus zu fahren.

So konnte ich meinem inzwischen lieb gewonnenen Hobby "Festfahren" erneut frönen:

Es gab einen riesen Rums und wir blieben mit gehöriger Schräglage abrupt stehen.

Anfangs trauten wir uns nicht auszusteigen, da wir Angst hatten,
dass sich unser Brummi auf die Seite legt.

Von außen sah das Schlamassel noch schlimmer aus.

Während die rechten Reifen ordentlich im Schlamm steckten,
hob unser Gifi die Pfötchen auf der linken Seite.

Einziger Trost war, dass er nur noch ca. einen halben Meter kippen konnte
und sich dann an den Berg angelehnt hätte.

Nach kurzer Zeit waren die Soldaten zur Stelle und meinten,
sie würden einen Bergelaster aus der Kaserne kommen lassen, der uns bergen würde.

Das kennen wir ja inzwischen:

WIEDER EINMAL MEGAPEINLICH!

Also sahen wir zu, wie hunderte Lkws an uns vorbeifuhren
und deren Fahrer sich köstlich über unser Missgeschick amüsierten.

Einer der letzten blieb dann endlich stehen
und fragte uns, ob er uns helfen könne.

Mit seinem riesigen 3-Achser-Lkw schaffte er es im 2. Anlauf uns freizubekommen.

So konnten wir hinter der ganzen Kolonne herfahren.

Nach einigen weiteren Stunden waren wir kurz vor Srinagar.

Bereits ca. 40 km vor der Stadt war die Strasse gesäumt von Soldaten.
In jeder Kurve standen mehrere Uniformierte.

Außerdem sahen wir mehrere Trupps,
welche die Strasse mit Hunden und Metallsuchgeräten absuchten.

Nicht gerade beruhigend.

Srinagar empfing uns ebenso.

Überall war Militär postiert und überall fuhren gepanzerte Fahrzeuge herum.

So beschlossen wir Srinagar den Rücken zu kehren und weiter nach Dheli zu fahren.

Von dort hatten wir in wenigen Tagen die Grenze Nepals erreicht
und genossen die herrliche Ruhe
und den wesentlich geringeren Verkehr auf der Strasse.

Überhaupt zeigte sich Nepal von seiner schönsten Seite.

All die Gegenden durch die wir fuhren,
als wir das vertrocknete Land im Mai verlassen hatten,
zeigten sich im herrlichsten Grün.





Der Spätmonsun hatte uns auch noch einige kleine Regenschauer
und angenehmes Klima beschert.

Unsere Zeit in Pokhara haben wir damit verbracht,
neue Visa und ein neues Carnet für Indien zu besorgen,
einzukaufen und wieder ordentlich Kilos zuzunehmen,
die wir in Ladakh und Zanskar verloren hatten.

Schließlich trafen auch noch Holger und Roswitha
und einige Tage vor unserer Weiterreise, Ralph in Pokhara ein,
so dass die Zeit im Fluge verging.

Dann wieder zurück nach Indien.

Auf den uns bekannten,
inzwischen wesentlich schlechteren Strassen,
ging es wieder zurück nach Goa, wo wir den Winter verbringen wollen,
um im Frühjahr wieder Richtung Heimat zu fahren.

Bis dahin vergeht jedoch noch einige Zeit und wir werden sicherlich berichten,
womit wir uns die Wartezeit verkürzt haben.

Martin & Kathrin

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