Natürlich haben wir den Absprung von Goa nicht so schnell geschafft, wie wir dachten.
Michael und Sonja haben uns noch überredet, Ostern gemeinsam mit Ihnen zu feiern.
So hatten wir ein schönes Osterfrühstück zusammen.
Michael hatte aus einer halben Kokosnuss einen Osterhasen gebastelt,
Sonja mit Tee und irgendwelchen Gewürzen Eier gefärbt,
Kathrin noch ein Osternest aus einer Kokosnuss gebastelt
und ich habe in der Sonne gelegen und unsere Weiterreise geplant.
Diese sollte sich dann nochmals um zwei Tage verschieben,
da wir das Holifest in Goa abwarten wollten, wo es nicht in dem Maße praktiziert wird,
wie im restlichen Indien.
Bei diesem Fest bewerfen sich die Inder gegenseitig mit Farbbeuteln,
wobei Touristen immer willkommene Opfer sind
und natürlich am meisten Farbe abbekommen.
Man hatte uns erzählt, dass man auch im Auto nicht sicher vor Farbattacken ist,
und dass so mancher Selbstfahrer sein Wageninneres ungewollt
farblich umgestaltet bekam.
Die Inder entwickeln wohl eine erstaunliche Treffsicherheit, wenn es darum geht,
Farbbeutel durch geöffnete Fensterscheiben zu werfen.
Aber eine Woche nach unserem eigentlich letzten Abfahrtstermin
sind wir dann doch endlich los.
Zum ersten Mal völlig alleine.
Anfangs war es noch etwas ungewohnt, ohne Begleitung unterwegs zu sein,
mit der Zeit genossen wir aber immer mehr die Freiheit,
nur auf uns alleine gestellt zu sein,
auch wenn wir uns oft gefragt haben,
was die anderen jetzt wohl so machen.
So waren wir einige Tage on the road, bis wir unsere nächste Anlaufstelle,
die Ellora- und Ajantahöhlen, erreicht hatten.
Dabei handelt es sich um diverse Tempel, die der Reihe nach von Buddhisten,
Hindus und Jains in einen Berghang aus dem Stein gehauen wurden.
Wir wollten zuerst die Höhlen von Ellora besichtigen,
die nach der Vertreibung der Höhlenbauer aus Ajanta entstanden.
Während in Ajanta nur Buddhistische Höhlen zu sehen sind,
wurden in Ellora über die Jahrhunderte der Reihe nach
die oben genannten Höhlen aus dem Stein geschlagen
und sind somit eben auch abwechslungsreicher.
Während die Buddhistischen Höhlen sehr einfach gehalten
und nur mit einzelnen Buddhastatuen geschmückt waren,
waren die hinduistischen Tempel wahre Meisterwerke der Steinmetzkunst.
Mit einfachsten Werkzeugen wurden hier vor hunderten von Jahren
'zig Meter hohe Tempel mit den herrlichsten Ornamenten aus dem Fels gehauen.
Unbegreiflich schien uns, wie man Räume, Wände mit Verzierungen,
Säulen, Treppen etc. praktisch aus einem Stück erschaffen kann.
Ausser diesem Weltkulturerbe hatte Ellora für uns allerdings nicht soviel zu bieten
und so beschlossen wir am selben Tag noch nach Ajanta weiter zu fahren.
Dort kamen wir dann am nächsten Tag morgens an,
vor einer riesigen Schranke und einem dahinter liegenden Parkplatz.
Dort bekamen die Parkwächter gleich die großen Dollarzeichen in den Augen
und wollten eine horrende Parkgebühr verlangen, die weit über allen Gebühren lag,
die wir auf der aufgestellten Gebührentabelle sahen.
Da wir ohnehin davon ausgingen, dass diese Höhlen nicht so beeindruckend sind,
wie die in Ellora und auch nicht noch je 5 Dollar Eintritt zahlen wollten,
beschlossen wir spontan, Ajanta den Rücken zu kehren.
Natürlich nicht ohne bei dem folgenden Wendemanöver
ein kleines Verkehrschaos zu verursachen..
Also machten wir uns auf zu unserem nächsten Sightseeingziel,
das auf der Strassenkarte in greifbarer Nähe schien:
Die Pornotempel von Khajuraho.
Dabei hatten wir aber die Rechnung ohne die indischen Strassenbauer gemacht.
Die waren nämlich ca. 1oo Kilometer vor Khajuraho noch nicht angekommen.
Auf übelsten Schlaglochpisten ohne Teer hüpften wir von Schlagloch zu Schlagloch.
Teilweise durch kleine Ortschaften den Leuten mitten durchs Wohnzimmer.
Aber auch im restlichen Madhya Pradesh
schien man nicht viel vom Strassenbau zu halten.
Dort sind Hauptverkehrsstrassen, die hier "National Highway" genannt werden,
noch über viele Kilometer ungeteert.
Trotzdem sind wir mit mehreren Aufsetzern,
bei denen unsere Reifen bis zum Aufbau durchgeschlagen sind
und die Radläufe mit der Zeit rund geformt hatten, in Khajuraho angekommen.
Dort genehmigten wir uns für 200 Rupies einen Standplatz in einem Hotel
und genossen erst einmal die Ruhe und Abgeschiedenheit der Anlage
und endlich wieder einmal eine Dusche.
Am nächsten Morgen ging es dann zur Besichtigung der berühmten Tempelanlage.
Ihre Berühmtheit verdankt diese Anlage wohl hauptsächlich
den vielen erotischen Darstellungen an den Wänden
und weniger ihrem guterhaltenen Zustand.
Dieses Weltkulturerbe ist inzwischen so gut besucht,
dass sogar ein großer Flughafen gebaut wurde, auf dem riesige Touristenjets landen.
Müßten diese über Land angekarrt werden,
könnte man sich die täglichen Besucher wohl an der Hand abzählen.
In der Tempelanlage bekamen wir dann so etwas wie einen Touristenschock.
Hier waren wieder mal mehr Touristen als Inder zu sehen.
Natürlich waren die erotischen Darstellungen die Hauptattraktion.
Ähnlich wie in den Nationalparks,
wo alle nur auf der Suche nach Löwen und Tigern sind,
die anderen exotischen Tiere aber nicht wahrnehmen,
so hatten die meisten Touris kaum ein Auge für die Schönheit der Anlage
und die faszinierende Architektur.
Naja, nach 2 Jahren Ehe hatten wir uns natürlich auch ein paar Anregungen geholt,
auch wenn uns einige Stellungen anatomische Rätsel aufgaben.
Und schon waren wir wieder auf der Piste (wörtlich zu verstehen).
Als wir nach vielen Kilometern endlich wieder auf einer annehmbaren Straße waren,
hatten wir unsere erste Begegnung mit der korrupten Polizei in diesem Bundesstaat,
vor der uns alle gewarnt hatten.
Unter irgend einem Vorwand wollen die Polizisten sich hier durch Bagshish
ihren Sold etwas aufbessern.
Nachdem sie ihr Auto vor uns gesetzt und uns gestoppt hatten,
sprangen auch schon zwei zivile Beamte aus dem Polizeiauto.
Ziemlich genervt von der zurückliegenden schlechten Strasse
und der unterbrochenen Freude nach wenigen Minuten auf der guten Strasse
meines Fahrspasses beraubt zu werden, spürte ich rasant Groll in mir aufsteigen
und schlagartig war es vorbei mit der deutschen Obrigkeitshörigkeit:
Ich kurbelte das Fenster herunter und blaffte den beiden Polizisten,
die versuchten wichtig zu wirken,
"Whats your Problem" entgegen.
Sichtlich erschrocken meinten sie, sie wollten meine Papiere sehen,
was ich ihnen erstmal verweigerte.
Ziemlich kleinlaut meinten sie, dass ihr Boss,
der im Auto sitzen blieb,
diese ansehen wolle.
Schließlich gab ich ihnen all meine Papiere,
da mein Zorn immer größer wurde und ich langsam Angst bekam,
eine Dummheit an einem Staatsdiener zu begehen.
Darauf gab es dann großes Palaver im Polizeiauto, das ich mir von der Ferne ansah.
Das Ganze ging mir aber nicht schnell genug.
Mein Puls und mein Blutdruck begannen mir langsam Sorgen zu machen.
Also raus aus dem Auto,
durch die inzwischen zahlreich eingetroffenen Gaffer hindurch zu Mister Oberpolizist.
Auch an ihn die Frage, was denn sein Problem sei.
Er hat mir seinen Ausweis gezeigt, dann irgend etwas von Govermenttax gelabert,
worauf ich ihm mein Carnet unter die Nase hielt und behauptete
ich hätte ein intertationales Papier, das mich von allen Taxes befreit.
Das hübsche Papier mit den vielen Stempeln hat ihn sichtlich beeindruckt.
Aber jetzt war ich richtig in Fahrt.
Ich erinnerte mich an seinen Ausweis,
der ziemlich simpel aussah und auf dem irgendetwas von Identitycard,
Goverment of India und ganz unten Police stand.
Dann fiel mir ein,
dass auf meinem Personalausweis auch irgendetwas von Identitycard usw. stand.
Da ich davon ausging, dass er nur Reisepässe kennt,
habe ich ihm meine Identitycard unter die Nase gehalten und ihm erklärt,
dass dies mein Ausweis wäre, der mich als Member of German Goverment ausweise,
dass ich auf Einladung der indischen Regierung reise
und er riesige Probleme bekommen würde,
wenn er uns nicht unverzüglich weiterfahren lasse.
Dies und die Tatsache, dass sich die umstehenden Inder langsam wunderten,
dass der Kontrollierte den Polizisten anpflaumt und nicht andersherum,
veranlasste ihn schließlich mir alle Papiere auszuhändigen
und mir kleinlaut eine gute Reise zu wünschen.
So setzten der hohe Regierungsbeamte Martin W. und seine Gattin
ihre Reise, ohne einen Rupie Bakshish zu bezahlen, fort...
Vom Fahren und von Tempeln langsam gesättigt,
wollten wir uns endlich mal eine große indische Stadt genauer anschauen.
Da lag es natürlich auf der Hand die heilige Stadt Varanasi zu besuchen,
von der alle schwärmten, die dort waren.
Nach zwei Tagen waren wir abends auch kurz vor der Stadt,
beschlossen aber an einer Tankstelle an der Strasse zu übernachten
und uns erst am nächsten Tag ins Getümmel zu stürzen,
da uns alle vor den chaotischen Verkehrsverhältnissen gewarnt haben.
Dank des Tankwarts, der es sich nicht nehmen ließ
um 5 Uhr morgens unser Auto zu waschen, kamen wir dann sehr früh los.
Da sich der Gute mit der Reinigung unserer geöffneten Fenster
besonders viel Mühe gab,
sind wir mit einem überfluteten Brummi rechtzeitig zur Rushhour in die City gelangt.
Schnell war ein schöner Standplatz auf einer eingezäunten Wiese
neben einem Restaurant gefunden.
In der belebten Stadt hatten wir so eine kleine ruhige Oase
incl. der ersten richtigen Dusche, in der das Wasser tatsächlich von oben kam.
Von dort aus hatten wir dann am nächsten Tag unsere erste Exkursion
zu den Ghats unternommen:
Die Terrassen am Ufer des Ganges, wo sich die Hindus baden
um sich von ihren Sünden reinzuwaschen.
Uns wurde nicht zuviel versprochen.
Bereits die Rikshafahrt dorthin war ein Erlebnis der besonderen Art.
Hier wird gedrängelt, geschnitten und gegenseitig angefahren.
Unser Fahrer schien seine Bremsen zu schonen,
indem er beim Stop and Go einfach immer mit seinem Vorderreifen
an der Stoßstange des vor uns fahrenden Autos bremste,
was dessen Fahrer dies jedoch nicht im geringsten zu interessieren schien.
Wir sind dann am hektischen Markt entlang zum Mainghat gelaufen
und waren schier überwältigt von dem Getümmel.
An den Ghats selbst war jedoch um die Mittagszeit nicht mehr so viel Betrieb,
da sich die meisten Gläubigen bei Sonnenaufgang baden.
So beschlossen wir am nächsten Tag um 5.30 Uhr wieder zu kommen
und eine kleine Bootstour zu unternehmen.
Am frühen Morgen bot sich dann ein ganz anderes Bild.
Während der Markt noch nicht geöffnet war, herrschte an den Ghats reges Treiben.
Neben den vielen Gläubigen gab es natürlich auch zahlreiche Schlepper,
die einen überreden wollten, eine Bootstour zu machen.
Meist geschieht das in größeren Ruderbooten,
auf denen sich dann ca. 20 bis 30 Touristen um die besten Fotoplätze streiten.
Nach längerer Suche und einigem Feilschen
hatten wir dann ein Boot nur für uns alleine ergattert.
Die ursprünglich 40 Dollar für eine Stunde
hatten wir dann auf 110 Rupies heruntergehandelt (ca. 2 Euro).
Vom Wasser aus bot sich nochmal ein ganz anderer Blick auf die Ghats.
Neben den vielen Gläubigen, die ihr Bad im Ganges nahmen,
sahen wir diverse Sadhus (heilige Männer in Orange) und auch Wäscher.
Warum jedoch dort ,wo der meiste Müll war, sich die meisten Menschen badeten:
und wo das Abwasserrohr der Stadt in den Ganges floss,
die Wäscher ihre Wäsche wuschen, hat sich uns nicht erschlossen.
Überhaupt war das Ganze eine ziemlich stinkende Brühe
und ich befürchtete mich schon vergiftet zu haben,
da ich um ein Foto zu machen mit einem Fuß in das leckere Süppchen getreten bin.
Schließlich gelangten wir auch noch an das Ghat
wo die Leichenverbrennungen stattfinden.
Dort hat man inzwischen ein riesiges elektrisches Krematorium erbaut,
um die ständig steigende Zahl
der aus dem ganzen Land angekarrten Toten verbrennen zu können.
Ausserdem können sich nur die reicheren Inder genügend Holz leisten,
um so ein Feuerchen zu entfachen, das sie auch restlos verbrennt.
Die restlichen Knochen landen dann letztendlich im Ganges.
Verbrennen lassen dürfen sich auch nur Menschen ,
die eines natürlichen Todes gestorben sind.
Verunfallte, Ermordete oder Menschen die eines anderen unnatürlichen Todes
gestorben sind, werden eingewickelt, mit einem Stein beschwert
und im Ganzen im Fluss versenkt.
Alles in allem hat uns Varanasi aber dermaßen begeistert,
dass wir uns gut vorstellen können dort nochmals ein paar Tage zu verbringen.
Es gibt wohl wenige Städte auf der Welt, die eine derartige Wirkung auf einen ausüben.
Selten liegen Tod und quirliges Leben, Trauer und Freude, Ruhe und Chaos,
Religiösität und Verbrechertum so nahe beieinander.
Trotz dieses Highlights unserer Reise
zog es uns jedoch immer stärker in den Norden,
da die Hitze langsam immer unerträglicher wurde.
In Varanasi hatten wir tags zwischen 42 und 45 Grad
und nachts war es auch nur einige Grade kühler.
Nach zwei Tagen waren wir dann an der indisch-nepalesischen Grenze.
Im Gegensatz zu allen anderen Grenzen, die wir auf unserer Reise passierten,
war hier alles viel einfacher.
Zum einen war die Grenze als solche nicht wirklich erkennbar.
Mitten im Grenzort Sonauli kamen wir unvermittelt an einen Schlagbaum,
der die indische Grenze markierte.
Das Imigration- und Customeroffice mußte man in der Straße
zwischen den vielen Geschäften suchen, da diese nicht auf Anhieb erkennbar waren.
Zum anderen ging die Abwicklung der Formalitäten viel schneller vor sich als bisher.
Zumindest auf indischer Seite.
Auf der nepalesischen Seite hatten wir zwar sofort unser Visum erhalten,
im inzwischen von uns gefürchteten Customeroffice
wurden wir aber erst einmal hereingebeten und durften auf einem Bett Platz nehmen.
Da saßen wir und saßen und saßen und....
Schließlich kam ein netter junger Mann zu uns, der meinte, daß alle entsprechenden Beamten gerade zu Mittagstisch wären (um 10 Uhr????).
Schnell rückte er damit heraus, dass gegen die Bezahlung von 50 Dollar
eine schnelle Abfertigung möglich wäre.
Wir signalisierten ihm aber, dass wir auf keinen Fall die überforderten Beamten,
die ja zu zehnt wöchentlich ca. 1,5 Touristen abfertigen,
von ihrer wohlverdienten Pause abhalten wollten.
Sichtlich irritiert zog er schließlich von dannen und
wir saßen und saßen.....
Nach einiger Zeit kam er wieder und meinte, dass wir ja ein Moped dabei hätten
und es ein Problem wäre dieses nach Nepal einzuführen,
da es in Indien zugelassen wäre.
Da hatte er leider Recht und ich begann mit ihm
über eine angemessene Abwicklungsgebühr zu verhandeln.
Am Ende waren wir bei 1500 Rupies (ca. 25 Euro).
Genau soviel war mir nämlich der Mopedspass in Nepal wert.
Die, wie wir erfahren haben, relativ geringe Gebühr
war vermutlich auch dadurch möglich,
dass ich dem netten Herren glaubhaft machen konnte,
dass es für mich auch kein Problem wäre das alte Gerät an Ort und Stelle abzufackeln
und das Problem somit zu lösen.
Aber so waren alle zufrieden und die Abwicklung des Papierkrams
und die Kontrolle unseres Autos war in ca. 10 Minuten erledigt.
Aber da war schon das nächste Problem.
Die Polizisten und Militärs hatten uns erklärt, dass an diesem Tag
der voraussichtlich letzte Tag des landesweiten Generalstreiks wäre.
Das heißt soviel, dass alle Geschäfte, Tankstellen etc. geschlossen wären
und auch ein von den Maoisten verhängtes Fahrverbot bestehen würde,
das von allen, die nicht riskieren wollten auf eine Miene zu fahren
oder beschossen zu werden, auch einzuhalten sei.
Das erklärte auch die vor der Grenze
kilometerweit am Straßenrand geparkten indischen Lkw´s.
Man hat uns aber von allen Seiten, auch von ziviler, bestätigt,
dass die Maoisten bei Touristen eine Ausnahme machen würden.
So wurde uns noch empfohlen auf keinen Fall die kurze Strecke
über die Berge zu nehmen, sondern die 100 km längere außen herum,
da diese besser vom Militär kontrolliert wäre.
Zudem würde täglich morgens um 8.30 Uhr ein Konvoi mit einer Militäreskorte
über diese Strecke durchgeschleußt werden.
Dafür waren wir natürlich an diesem Tag zu spät.
Ein weiterer Tip war, unser Fahrzeug deutlich als Touristenfahrzeug
durch einen Zettel mit der Aufschrift
"Tourist"
in der Windschutzscheibe zu kennzeichnen.Außerdem wäre die Strecke in die nächst größere Stadt Butwal sicher,
wo es auch Hotels gäbe, in denen man das Ende des Streiks abwarten könne.
Also beschlossen wir noch dor hin zu fahren und eben dies zu tun.
Die Fahrt dorthin war sehr seltsam.
Außer uns fuhr nur ein Lkw und einige Radfahrer die Strecke.
In Butwal angekommen, glaubten wir uns in einer Geisterstadt zu befinden.
Es war praktisch kein öffentliches Leben vorhanden.
Überall waren die Geschäfte geschlossen, es herrschte nicht der geringste Verkehr
und neben ein paar Zivilisten sah man hauptsächlich Militärs.
Da wir jedoch kein geeignetes Hotel fanden,
haben wir diverse Militärposten angefahren
und die verdutzten Soldaten nach einer Schlafmöglichkeit gefragt.
Natürlich konnte uns niemand helfen, aber jeder meinte,
es wäre kein Problem für uns weiterzufahren.
Außerdem gäbe es auf der Straße nach Pokhara in ca. 20 km noch ein Hotel
(das es in Wirklichkeit natürlich nicht gibt).
Also beschlossen wir dorthin zu fahren.
Gleich nach Butwal ging es einen herrlichen Pass hinauf in die Berge.
Nach mehreren Kilometern haben wir anhand des Kompasses festgestellt,
dass wir wohl genau auf der Straße waren,
vor der wir an der Grenze gewarnt wurden.
Genau zu diesem Moment erreichten wir eine kleine Klosteranlage
mit angeschlossener Fressbude.
Dort genehmigten wir uns erstmal einige Samosas und einen nepalesischen Milchtee
und beratschlagten unsere Situation.
Da aber auch der Wirt meinte, dass es für Toursiten absolut ungefährlich wäre
die Straße zu fahren, beschlossen wir wieterzufahren,
da wir auch aufgrund der uns bis dort entgegengebrachten Freundlichkeit
aller Nepalesis nicht im geringsten beunruhigt waren.
Natürlich haben wir den Tip von der Grenze, unser Auto zu kennzeichnen, beherzigt.
Mit schwarzer Farbe schrieben wir vorne und hinten in großen Buchstaben
"Tourist"
darauf .Die nächsten 60 km waren ein Traum.
Die Straße wand sich die Berghänge entlang ,immer höher
und zum ersten Mal sahen wir wieder grüne Täler
und tiefe Schluchten mit reichlich wasserführenden Flüssen.
Überall auf der Straße und wo wir durch Dörfer fuhren, winkten uns die Leute zu.
Alle schienen sich bei unserem Anblick zu freuen.
Zudem hatten wir die ganze Strecke für uns alleine.
Kein anderes Fahrzeug war unterwegs.
Ein unsicheres Gefühl kam höchstens in zwei Ortschaften auf,
in denen Militärs stationiert waren und überall Checkpoints zu durchfahren waren.
Aber selbst dort winkten uns die Soldaten zu und hatten uns immer durchgewunken.
Für uns war schwer verständlich,
dass diese netten Menschen sich teilweise gegenseitig beschießen.
So fuhren wir immer weiter, bis wir mitten in den Bergen in ein kleines Dorf kamen.
Mitten im Dorf bog die Straße nach links ab auf eine kleine Brücke,
die über eine tiefe Schlucht führte.
Mit großem Schreck erkannten wir am Ende der Brücke eine Steinbarrikade,
die ein Durchkommen unmöglich machte.
Von anderen Reisenden hatten wir oft von solchen Sperren gehört,
die von den Maoisten errichtet werden, um das Fahrverbot zu erzwingen.
Da standen wir nun mitten auf der Brücke.
Was tun?
Also haben wir uns so verhalten, als ob es das Normalste der Welt wäre,
hier anzuhalten. Wir stiegen aus, haben die Schlucht und das Dorf betrachtet.
Schon kamen die ersten Menschen, die schon nicht mehr so freundlich aussahen.
Also wir wieder rein ins Auto und schnell eine Strategie entwickelt.
Angriff ist die beste Verteidigung.
Wir beschlossen die, wie wir dachten, Maoisten mit Freundlichkeit
und kleinen Geschenken zu attackieren.
Kathrin braute schnell einen großen Pott voll Milchtee,
der auch sofort an die Frauen und Kinder
(die ja aufgrund ihrer nicht unterdrückbaren Neugierde immer als erstes auftauchen)
verteilt war.
Als die ersten Männer eintrafen,
verteilte Kathrin gerade die eben erst gekauften Kokoskekse
(von denen sie sich nur ungern trennte)
und unser restliches Blätterteiggebäck an die Kinder.
Kathrin hatte dann auch noch die gute Idee,
die von ihr in Goa und Diu gesammelten Muscheln an die Kinder zu verschenken,
die hier in den Bergen natürlich sehr begehrt waren.
Diese letzte Geste ließ das Eis restlos brechen.
Es folgte ein ausgelassenes Palaver und Gelächter,
das durch eine junge Nepalesin erleichtert wurde, die etwas Englisch sprach.
Es war schnell klar, das wir nicht an Maos geraten waren, sondern nur an ein Dorf,
das offen mit ihnen sympatisierte.
Wir hatten ziemlich viel Spass mit diesen netten Menschen.
Als Dank für die Kekse brachte dann ein kleines Mädchen eine Blume
und übergab sie schüchtern Kathrin.
Als die anderen Nepalesis Kathrins Freude sahen, sind sie in alle Richtungen davon
und Frauen und Kinder kamen mit den schönsten Blumen wieder.
Wo sie diese her hatten, hat sich uns nicht erschlossen,
denn weder in den Gärten noch in der Umgebung waren diese Blumen zu sehen.
Erst als unser Tisch voll mit Blumen war, waren sie zufrieden.
Dann entdeckten sie die von Kathrin gesammelten Steine in unserem Eingang.
Sie waren sehr erstaunt, als sie erfuhren,
dass jeder Stein aus einem anderen Land war, durch das wir fuhren.
Und wieder waren einige von ihnen weg.
Kurz darauf wurden uns diverse schöne Gesteine von ihrem Dorf zum Auto gebracht,
die natürlich auch in die Sammlung eingegliedert wurden.
Schließlich meinte sogar der Dorfvorsteher,
ob er für uns die Barriere abtragen lassen solle.
Wir sagten ihm aber, dass er sich unseretwegen keine Mühe machen solle,
da der Streik ja morgen voraussichtlich ohnehin beendet wäre
und wir gerne an dieser Stelle in seinem schönen Dorf übernachten würden,
falls wir seine Erlaubnis hätten.
Diese gab er uns natürlich mit sichtlichem Stolz
und kurz darauf verscheuchten die Frauen alle Kinder und schlossen unsere Türe,
damit wir unsere Ruhe hätten und uns ausruhen könnten.
Eine unglaubliche Geste, wenn man an Indien zurück denkt.
Wir hatten dann auch die erholsamste Nacht seit vielen Wochen.
Zum einen herrschte hier in den Bergen absolute Stille,
zum anderen wehte zum ersten Mal ein kühler Wind, der die Schlucht herab kam.
Am nächsten Morgen wurden wir durch die Geräusche vom Abbau der Sperre wach.
Natürlich wurden wir nicht gleich weggelassen.
Wir mußten erst noch Tee trinken und zum Abschied durch das ganze Dorf laufen,
umringt von einer Menschentraube.
Auch unsere Dolmetscherin,
die am Vorabend auch noch ihre Kette abnahm und Kathrin schenkte,
war wieder anwesend und meinte, dass sich alle wünschten,
dass wir bei unserer Ausreise unbedingt wieder in ihrem Dorf Halt machen müßten.
Nach weiteren atemberaubenden 120 km erreichten wir Pokhara,
unser erstes Ziel in Nepal.
Dort trafen wir auch Ralph und einige andere wieder,
die wir schon von Goa kannten.
Es wurde großes Wiedersehen gefeiert und natürlich
viele Erlebnisse und Infos ausgetauscht.
Inzwischen sind wir schon eine Woche hier
und langsam kommt wieder dieses Diu-Goa-Gefühl auf.
Zudem tragen die netten, unaufdringlichen Menschen
und die vielen nepalesischen Leckereien zum Wohlbefinden bei.
Wieviel Kilos wir zugenommen haben
und was unsere nächsten Stationen in Nepal werden,
könnt ihr dann beim nächsten Mal lesen.
Martin & Kathrin