Iran - Pakistan


Sonntag, 9. Januar 2005



Lange hat's nun gedauert, bis wir uns wieder melden.

Aber es ist nach unserer letzten Mail mal wieder ordentlich viel passiert:

Die türkisch-iranische Grenze erreichten wir erst in der Dunkelheit, nachdem wir mehrere Kilometer auf der Gegenfahrbahn an wartenden LKWs vorbeigefahren sind, bis direkt vor die inzwischen geschlossene Grenze.

Wir hatten dort an der Grenze geschlafen und dann am nächsten Tag die Formalitäten in Angriff genommen.

Und das war ein Heidenspaß.

Nachdem ich erstmal einige aufdringliche Geldwechsler verscheucht hatte, kümmerte sich ein souverän wirkender Mann um uns, der uns durch die diversen Kontrollen an ewigen Warteschlangen vorbeischleuste.

Das Ganze natürlich auch nicht aus reiner Menschenliebe, sondern nur gegen Dollars.
War uns in dem Falle aber egal, da wir ohne ihn sicher einige Stunden länger an der Grenze verbracht hätten.

So und dann waren wir also im Iran.

Wir waren alle überwältigt von den immer grandioser werdenden Landschaften, den nun anders aussehenden äußerst freundlichen Leuten und den ersten Dörfern, die gänzlich aus Lehm gebaut waren.

(und ich vom Linksverkehr!)

Ab hier wurde es dann auch immer wärmer.
Unser Wassertank war zwar immer noch gefroren,
aber Kathrins in der Türkei erfrorene Zehen meldeten sich durch unangenehmes Stechen zurück.
(nachdem die kleinen Dinger inzwischen nur noch etwas kribbeln kann sie sie wohl behalten).

Leider hatten wir nicht die Zeit Land und Leute genauer kennen zu lernen,
da Ralphs Visum nur für 5 Tage gültig war und wir im Iran 2600km vor uns hatten.

Aber die Eindrücke entlang der Transitstraße haben uns dermaßen begeistert, dass wir bei der Rückreise auf jeden Fall mehr Zeit einplanen werden.

Auch unser Brummi fühlte sich hier sehr wohl und hatte nicht mit neuen Sperenzchen aufgewartet. Dies liegt vermutlich daran, dass er sich in bester Brummigesellschaft befand

(Im Iran werden unsere alten Rohölschlepper seit Jahrzehnten bis heute unverändert nachgebaut und gehören zum alltäglichen Straßenbild)

und er immer leckeren Diesel bekam, der hier nur 1,6 Eurocent kostete.
Für 300 Liter Diesel mussten wir also nicht einmal 5 Euro zahlen.

So wenig sich unser LKW von den Iranischen unterscheidet, so sehr unterscheidet sich doch unser Fahrstil von dem der iranischen LKW-Fahrer:

Während in der Türkei das Gerase, Gehupe, gegenseitig Schneiden etc. noch irgendwie berechenbar war, schienen im Iran nur noch Verrückte hinterm Steuer zu sitzen.

An diversen Parkplätzen sahen wir dann auch den Grund dafür.
Da Alkohol ja strengstens verboten ist
(das war dann auch das einzige wonach man uns an der Grenze gefragt hat)
pfeifen sich die Fahrer hier eben Opium und Heroin rein.
So liegen überall Spritzen, Röllchen zum Opiumrauchen und diverse andere Utensilien herum.

Während unserer fünf Tage im Iran hatten wir nur nette, hilfsbereite und offene Menschen kennen gelernt. So hatten wir auch immer ein sicheres Gefühl, egal ob wir in Städten waren oder irgendwo in der Wüste übernachtet hatten.

Ich musste mal wieder feststellen, dass wie damals in Libyen, das Bild das uns von so fremden Ländern vermittelt wird, oft sehr einseitig und nur auf negative Gesichtspunkte ausgerichtet ist.

Das sichere Gefühl könnte natürlich auch daran gelegen haben, dass wir ständig das Gefühl hatten von irgendwelchen zivilen Polizisten oder Geheimdienstlern beobachtet zu werden.

So legte z.B. ein netter Herr im Anzug auf der Autobahn, neben der wir gerade eine Pause machten, grundlos eine Vollbremsung mit seinem Auto hin.
Er öffnete die Motorhaube und fuhrwerkte sinnlos darin herum.
Als wir nach ca. einer Stunde wieder gefahren sind,
ist sein Problemchen scheinbar wie von selbst erledigt gewesen.
Motorhaube zu, einige Kilometer hinter uns hergezuckelt und davon.

Bei einer ähnlichen Gelegenheit bremste eins der üblichen alten Pickups neben uns.
Im Gegensatz zu allen anderen hatte dieses jedoch nicht die üblichen Gebrauchsspuren.
Dafür sprangen zwei seltsame Typen heraus.
Einer im weißen Anzug und sein Knecht in gepflegter Lederjacke.
Kurze Konversation:

Whisky? -NO!..

Haschisch? -No..

Countryname? -Germany..

Ahh: Heidelberg,Nurnberg,Mercedes..

Yes!

Good Bye, Nice Time in Iran.

An einer anderen Stelle wurden wir von einem Pickup stundenlang begleitet.
Mal fuhr er vor uns, mal hinter uns, aber immer in Sichtweite.
Bei unserer Reisegeschwindigkeit von 65-70km/h hatte der bestimmt viel Spaß.

Die einzigen wirklichen Wermutstropfen im Iran waren ein blinder Passagier in Form einer Maus und der Anblick der durch ein Erdbeben zerstörten Stadt Bam.

Der kleine Nager hatte uns 4 Tage um den Schlaf gebracht.
Da sie immer nachts anfing, in unseren Sachen herumzustöbern und alles anzunagen.
Als sie dann auch nicht vor unserer Wäsche halt machte und meine Lieblingshose als besonderen Leckerbissen erkoren hatte, beschlossen wir ihrer habhaft zu werden.

So bauten wir mit unserem Abfalleimer eine Falle.
Der Plan war, dass, wenn sie auf einer im Eimer befindlichen Tüte ihr ausgebreitetes Mahl zu sich nimmt,
uns durch das Rascheln alarmiert und wir sie dann mit dem Eimer ins Freie befördern.
So lagen wir stundenlang wach und nix raschelte.

Dass der Eimer morgens leergefressen war brauche ich wohl nicht zu erwähnen.

Nach 4 Tagen und einigen weiteren angeknabberten Lieblingsklamotten konnte ich ihr aber endlich habhaft werden und sie zu ihren Ahnen in den Mäusehimmel schicken.

Bei unserer vorletzten Station im Iran kamen wir dann in die Wüstenstadt Bam.

Die gesamte Altstadt und ein Großteil der neuen Stadt wurden vor ziemlich genau einem Jahr durch ein schweres Erdbeben zerstört.
Die Auswirkungen des Bebens sind überall noch zu sehen.
Viele Häuser sind noch eingestürzt oder werden notdürftig abgestützt ,am Einstürzen gehindert. Viele Menschen hausen immer noch in Zelten oder Containern und nachts ist es hier so kalt, dass auch wir immer noch unsere Öfen anheizen müssen.
Die Menschen wirken hier auch wesentlich zurückhaltender und bei weitem nicht so lebensfroh wie etwa die Menschen in Teheran.
Das ist wohl auch verständlich bei 26000 Toten und nachdem das offizielle Trauerjahr noch nicht vorüber ist.




Von diesen Eindrücken nicht unberührt verbrachten wir unsere letzte Nacht im Iran außerhalb der Stadt in der Wüste und sammelten unsere Kräfte für den nächsten Tag, an dem wir die Grenze nach Pakistan passieren wollten.

An diese Grenze kamen wir auch erst wieder so spät, dass wir zwar noch das große Tor passieren konnten, aber dann noch direkt in der Grenzanlage nächtigen mussten, da dann doch schließlich Feierabend war.

Dann am nächsten Tag wieder das selbe Grenzspielchen.

Tausend Stellen waren zu durchlaufen mit vielen lustigen, kleinen, bunten Stempelchen hier und da
und ebensoviel Kontrollen hier und da.

Im Customoffice meinte der nette Officer, wir sollten die Brummis zu ihm fahren da er sie kontrollieren müsse.

Wir haben sie dann vor das Gebäude gestellt, und sind wieder zu ihm gegangen.
Darauf hin öffnete er das Fenster, schaute hinaus auf unsere Autos und die Kontrolle war fertig.

Auf pakistanischer Seite das selbe Kontroll-, Passblätter- und Abstempelspielchen.
Hier wurde uns dann noch ein uniformierter Herr zur Seite gestellt, der uns zur letzten Kontrollstelle führte die wir ohne ihn wohl nie gefunden hätten.

Zwischen Häusern hindurch ging es mehrere hundert Meter auf einer Schotterstraße auf einen Schrottplatz.
Dort erwartete uns Said Mohamed, seines Zeichens Custominspektor in seinem Office.
Ralph und Kathrin setzte er auf eine Bank und mich nahm er zu sich an den Schreibtisch.

Unsere Carnets und Pässe gab er einem anderen Herrn, der damit verschwand.
Dann erzählte er mir mit funkelnden Augen, dass es seine Leidenschaft ist, Touristen eine erste Lektion in Urdu (pakist. Sprache) zu geben.

So lernten wir bei einer Tasse köstlichen Milchtee(=Doodchay hatten wir gerade gelernt) ein paar Brocken Pakistanisch, über die wir später oft sehr froh waren.
Öffnet es doch die Herzen von Beamten, Händlern, etc. wenn man ein paar Wörter ihrer Sprache spricht.
Am Ende der Lektion wurden uns die Papiere überreicht und wir mit den besten Wünschen nach Pakistan entlassen.

Hinter dem Schlagbaum war dann alles anders.

Während im Iran einiges noch an die westliche Heimat erinnerte, so war hier alles fremd.
Man sah plötzlich gar keine Frauen mehr,
die Männer sahen teilweise sehr finster aus
(waren aber allesamt sehr nette und lustige Bürschchen),
die LKWs waren total kitschig geschmückte Kunstwerke,
während es Autos fast keine mehr gab.
Die Behausungen wurden sichtlich einfacher und ärmlicher.

Auf den Straßen gab es dann auch noch ein neues Spielchen, dass beim ersten Mal beinahe zum Erliegen meiner Herztätigkeit geführt hätte.

Und das geht so:

Man nehme eine sehr enge, schlechte und teilweise mit Sanddünen bedeckte Straße, die höchstens Platz für einen LKW bietet, dafür aber mit ca. 20 cm zur übrigen Landschaft hin abbricht.

Dann sucht man sich einen entgegenkommenden LKW und hält voll darauf zu. Sekunden vor dem scheinbar unvermeidlichen Aufprall auf den Gegner lächle man diesem zu.
(Ganz gewiefte winken sogar aus dem Fenster).

Verloren hat dann der, der als erster in letzter Sekunde ausweicht und sich mit einem Sprung in die Landschaft rettet.

Gewonnen hat der, der auf der Straße bleibt und in seinem Rückspiegel eine große Staub- oder Sandwolke betrachten kann.

Da aber natürlich beide um die Gefährlichkeit dieses Spielchens wissen, kommt es jedoch selten zu Unfällen.
Wir hatten in der Türkei wesentlich mehr Wracks am Straßenrand gesehen als in Pakistan.

Mit der Zeit macht das Spielchen sogar Spaß wenn man den ersten Schreck überwunden hat.
Besonders da eine weitere Regel besagt. dass der Größere dem kleineren nicht auszuweichen braucht und wir somit ganz gut im Rennen liegen.




Unsere erste Schlafstätte in Pakistan war uneinsehbar hinter einer aufgelassenen Karawanserei. Im Inneren der Karawanserei gab es sogar noch einen Brunnen mit Süßwasser und so beschlossen wir hier endlich mal wieder einen Tag Pause zu machen.

Und was macht der Deutsche wenn er frei hat?

Genau, er wäscht die angefallene Wäsche und natürlich sein Auto.

Nachdem ich das Auto blitzblank gescheuert habe, hat Kathrin mit der Wäsche ein lustiges Schaumbad in der Karawanserei veranstaltet, als ihr plötzlich 3 bewaffnete Militärs gegenüberstanden.
Diese waren sehr freundlich und meinten, wir sollten etwas auf das Wasser aufpassen, da es mit dem Zug von weit her geholt werden müsse und für die Menschen hier lebensnotwendig sei.

Da standen wir, Kathrin bis zu den Knöcheln im Schaum und ich neben unserem blinkenden Brummi mit sichtlichen Wasserspuren rundherum im Sand

PEINLICH!

Aber wie überall sonst auf unserer bisherigen Reise war man uns gegenüber sehr nachsichtig und höflich.

Nachts hat sich dann unser idyllischer Schlafplatz doch nicht als so abgelegen entpuppt.

Wir mussten nämlich feststellen, dass die kleine Piste die hinter der Karawanserei in die Wüste abging, die Hauptschmuggelroute für Iranisches Benzin war, das um ein vielfaches billiger ist als das pakistanische Benzin.

So fuhren nachts ständig Pickups vorbei, die mit hunderten von Litern Benzin in Plastikkanistern beladen waren.


Unsere weiteren Übernachtungsplätze waren jedoch wesentlich ruhiger, da wir dann immer von der Straße ab ein Stück in die Wüste gefahren sind:





Nachdem wir in Dalbandin nochmal günstig an einer Schmuggelbenzintankstelle 520 Liter Diesel aus Kanistern getankt haben (der Tankstellenknecht hat ganz schön geschwitzt)


kamen wir nach Quetta, die Stadt, die in unseren Nachrichten meist durch Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam gemacht hat.

So war das erste was man uns erzählt hat nicht gerade beruhigend.
Es gab wohl am Vortag auf dem Bazar der afghanischen Geldwechsler einen Bombenanschlag mit 12 Toten, bei dem das Ziel jedoch eine Militärstation und nicht Zivilisten waren.

Wir hatten jedoch keine Wahl.

Wir mussten nämlich auf den Kleiderbazar, weil Kathrin so ein lustiges buntes Punjabidress haben wollte.

Und das war gut so.

Denn gleich an der ersten Fressbude hat uns ein älterer Herr angesprochen, der uns zum Tee eingeladen hat und sich als Guide angeboten hat.

Da er kein Geld haben wollte und sich über die hier seltenen Touristen in seiner Stadt sehr gefreut hat, nahmen wir dankend an.

So sind wir kreuz und quer durch Quetta gelaufen bis das passende Kleidchen gekauft war.

Aber so schnell wurden wir nicht losgelassen.

Der gute Alte musste uns natürlich bei all seinen Freunden vorzeigen, was wieder mit einer prall gefüllten Teeblase endete.

Das Ganze endete erst in der Dunkelheit, so dass wir etwas Schwierigkeiten hatten außerhalb der Stadt einen Schlafplatz zu finden.

So sind wir dann einige Zeit orientierungslos in der Landschaft herumgefahren, bis wir das erste lesbare Straßenschild fanden und das war dann nicht so lustig,
waren wir doch bis wenige Kilometer vor die Afghanische Grenze gefahren.

Also Kompass raus und nix wie weg hier.

Nach Quetta war dann die Entscheidung über den weiteren Streckenverlauf äußerst schwierig.

Herr Freytag vom ADAC, der uns immer mit guten Infos versorgt hatte,
hatte uns durch eine E-mail von Freunden gewarnt, nicht über Loralei zu fahren,
sondern lieber einen Umweg über den Bolanpass zu nehmen.

Grund dafür wären Gerüchte über eine ca. 200 Kilometer
lange Baustelle auf der genannten Strecke.

Da wir aber (wieder mal deutsch) dachten die Baustelle wäre nur ein Gerücht oder bestimmt längst fertig und wir ja sowieso alles besser wissen und etwas im Zeitdruck waren, haben wir die Route über Loralei genommen.

Und wir können jetzt ein Gerücht aus der Welt schaffen.

Es ist nämlich bittere Realität.

Kurz hinter Quetta fängt die materialmordende Strecke an.

Das schlimmste dabei ist, dass man quer durch die Pampa, neben der teilweise fast fertigen Fahrbahn herfährt. Bestenfalls konnten wir unsere qualmenden Blattfedern noch auf Wellblech oder Steinpisten "schonen".

Den absoluten Adrenalinkick verschafften uns dann diverse Brücken.

Während einige riesige Löcher auf einer Fahrbahn hatten, durch die ein VW Golf locker durchgefallen wäre, waren einige Löcher so nett platziert, dass man mit den Reifen zwischen den Löchern, die teilweise nur noch durch den Betonstahl verbunden waren, durchjonglieren musste.


Aber auch das haben wir geschafft und haben schließlich das Industal mit super ausgebauten Straßen erreicht.

So kamen wir dann auch sehr flott vorwärts und waren rechtzeitig vor Ablauf unserer Visa an der Pakistanisch-Indischen Grenze.

Bis bald, Eure Andersreisenden

Enni, Kathrin, Ralph und Martin



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